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Das Gründungsjahr 1871

Man schrieb das Jahr 1871 - ein denkwürdiges Jahr voller Ereignisse: die Deutschen nahmen Paris, Wilhelm I. wurde in Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen. Rom wird Hauptstadt Italiens -, als der Gewerke Gottfried Zeitlinger, Besitzer der Sensenschmiede "Dörflern oder Kaltenprunner" in Micheldorf, dem Beispiel mehrerer Orte im Lande ob der Enns folgend, zur Gründung einer Feuerwehr aufrief. Am 12. Feburar 1871 folgten 44 Männer dem Ruf und trafen sich in der Hoftafern, dem ehemaligen Gasthof "Zur Sense" (heute betreubares Wohnen und Gemeindebücherei) . Nach eingehender Beratung gründeten sie die Feuerwehr Micheldorf und wählten das Kommando.

Die Wahl brachte folgendes Ergebnis:

  • Kommandant Gottfried Zeitlinger, Sensengewerke
  • Kommandant-Stellvertreter Karl Baumschlager, Maurermeister und Hausbesitzer
  • Schrift- und Rechnungsführer sowie Obmann der Spritzenmannschaft Josef Balthasar Spiegel, Gemeindesekretär
  • Obmann der Steigermannschaft Josef Pichler, Wagnermeister und Besitzer
  • Obmann der Werkleute Kaspar Kaiblinger, Zimmermann und Besitzer
Gottfried Zeitlinger, erster Kommandant der Feuerwehr Micheldorf

Da damals die Feuerwehr noch Vereinscharakter besaß, wurden die Vereinsstatuten verfaßt und später von der Gemeinderepräsentant und von der Bezirkshauptmannschaft genehmigt.

Als Sensengewerke war Kommandant Gottfr. Zeitlinger selbst im Besitze einer Knaust'schen Abportspritze und stellte diese für die "nothwendigen Exerzitien" und für den Einsatz der neugegründeten Feuerwehr zur Verfügung. Dieses Gerät, eine Handdruckspritze, galt für die damalige Zeit als modern und für Einsätze durchwegs brauchbar. Der Sensenfabrikant Franz Zeitlinger, Besitzer des Werkes "an der Zinne", überließt zum Transport der Requisiten leihweise der Feuerwehr seinen Jagdwagen. Im Gradnwerk des Franz Zeitlinger fand die neugegründete Feuerwehr in einer Remise eine bescheidene Unterkunft für ihre Geräte.

Schon in den Tagen der Gründung der Wehr bereitete die Pferdebespannung des Spritzen- und Requisitenwagens große Sorgen. Hier mußten fangbare Wege gefunden werden. Zur Besorgung der Bespannung berief die Gemeinde einen Kommissär und einen Stellvertreter. Als erster Kommissär wird Kaspar Strasser, Besitzer der Hoftafern, und als dessen Stellvertreter August Eggenberger, Sattlermeister und Hausbesitzer, genannt. Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, daß dem Knechte, der als erster mit seinem Gespann bei Alarmierung der Feuerwehr zur Bespannung des Spritzenwagens einlangt, eine Belohnung von zwei Vereinsthalern ausbezahlt wird. Vorraussetzung hiefür war allerdings, daß die Feuerwehr auch tatsächlich in Aktion trat. Bis zum Ankauf des ersten Motorfahrzeuges hat die Bespannung des Spritzenwagens immer wieder Schwierigkeiten bereitet, die oftmals in üble Streitereien ausarteten. In nicht seltenen Fällen waren die Feuerwehrmänner durch verspätetes Eintreffen der Gespanne beim Depot am raschen Einsatz gehindert.

Schon zur Zeit der Gründung war sich die Feuerwehr bewußt, daß es bei Unfällen der ärztlichen Hilfe oft dringend bedarf. Micheldorf besaß schon damals einen praktizierenden Arzt der im Volskmund "Bader" genannt wurde. Franz Obermair, der in Micheldorf die ärztliche Tätigkeit ausübte, war Besitzer des Hauses Nr. 177 (das heute noch als Baderhäusl bezeichnet wird) und stellte sich freiwillig und kostenlos für die Leistung der Ersten Hilfe bei Unglücksfällen im Feuerwehrdienst zur Verfügung; er kann daher als erster Feuerwehrarzt in Micheldorf gelten.

Mit Ende des Jahres 1871 zählte die Feuerwehr Micheldorf insgesamt 50 Mitglieder, die verschiedenen Berufen angehörten. Interessant ist deren Zusammenstellung:

2 Gewerken
13 Handwerkermeister
25 Handwerksgesellen
3 Handels- und Gastgewerbe
3 Sensenschmiede
3 Bauernknechte und Holzknechte
1 Sonstige

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